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Fachtag Glücksspielsucht und Migration – 21.09.2022 in der Musa Göttingen

Wed, 02 Nov 2022 10:13:43 +0000 von Nicole Brunnlieb

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Anlässlich des bundesweiten Aktionstag Glücksspielsucht organisierte die Fachstelle den Fachtag „Glücksspielsucht und Migration“ in der Musa. Es informierten sich Kolleg*innen aus verwandten Arbeitsbereichen der Region über die Risiken und diskutierten mit den Referent*innen über Möglichkeiten der Prävention.
 
„Laut einer Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. aus 2021 liegt bei 2,3 Prozent der Menschen im Alter von 18 bis 70 Jahren eine Glücksspielstörung vor, bei 1,1 Prozent eine leichte Störung“, erläutert Kristin Otte von der Göttinger Fachstelle für Sucht und Suchtprävention. „Weiteren Studien ist zu entnehmen, dass Menschen mit Migrationshintergrund zur Risikogruppe gehören. Die Beratungszahlen spiegeln dies jedoch nicht wider. Im Rahmen des Fachtags wollten wir zusammen erarbeiten, wie diese Menschen vom Hilfesystem besser erreicht werden und davon profitieren können.“ 
 
Nach einer Begrüßung von Sieglinde Bulla, Leiterin der Fachstelle für Sucht- und Suchtprävention, führte Frau Otte in die Glücksspielproblematik ein. Automatenspiele sowie Live-Sportwetten im Internet gehören zu den Glücksspielen mit dem höchsten Suchtpotential. Und dort besteht ein Zusammenhang mit muslimischen Migrant*innen, wie Halidun Atlas von „Step Drobs Hannover“ in seinem Vortrag berichtet. Obwohl Glücksspiel im Koran verboten ist, gehörten Karten- oder Backgammonspiele seit jeher zur Teehauskultur der Heimatländer, die auch in Deutschland weiter praktiziert wird. Fast ausschließlich Männer treffen sich zum geselligen Beisammensein und Spielen um Geld. Sportspiele werden live im Wettbüro kollektiv auf dem großen Bildschirm geschaut. Gerade junge Männer fühlen sich in Spielstätten willkommen und die Gewinne aus Wetten werden als „sauber“ (legal) gesehen, als Lohn für z.B. Fachwissen im Fußball. Oftmals wird das Suchtpotential nicht erkannt und über psychische Probleme nicht geredet. 

Dr. Phil. Tobias Hayer, Leiter der Arbeitseinheit Glücksspielforschung der Universität Bremen, bestätigt den Zusammenhang zwischen Glückspielsucht und Migrationshintergrund. Gerade junge Männer werden durch Rap-Videos von Influencern, gesponsert von Sportwettbetreibern, zu Sportwetten animiert. Spielhallen und Wettbüros sind überzufällig häufig in Gebieten vorzufinden, die als sozial-strukturell benachteiligt gelten. Identitätskrisen, finanzielle Engpässe, begrenzte Aufstiegschancen und soziale Teilhabe können Gründe dafür sein, dass die Anzahl von Menschen, die an einer schweren Glücksspielstörung leiden, doppelt so hoch ist, wie bei Menschen ohne Migrationshintergrund.
 
Nach einem Erfahrungsaustausch zum Thema kulturelle Besonderheiten mit Alexander Krüger vom Göttinger Migrationszentrum endete der Fachtag mit einer Diskussion, bei der auch Oliver Selcho teilnahm, der früher selbst glücksspielsüchtig war und heute eine Selbsthilfegruppe im Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe in Göttingen e.V. leitet.
Quelle: FSP
Quelle: FSP
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